Japan-Reise-Blog 2014 Teil 1

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24.04.2014

Gleich nach dem Frühstück geht es wieder raus auf Teefeld Nr. 12, noch ein knappes Drittel gibt es zu ernten. Und wir können es kaum glauben, mittags ist Teefeld 12 komplett geerntet. Wir überlegen noch, ob wir die Sträucher  der Varietät Yutaka Midori, die in Tsuno (Teegarten Nr 1) auf etwa 200m über Meereshöhe wachsen auch anfangen sollten zu ernten, entscheiden uns aber noch einen Tag zu warten. Während wir in den Teegärten in der Nähe des Hauses in der Sonne schwitzen, wird uns in Tsuno, im Teegarten 1 ganz kalt. Die Unterschiede sind wirklich beachtlich. So ganz frei ist unser Nachmittag aber auch nicht. Da wir heute ja Tee verarbeitet haben, auch wenn es nicht viel war, so muss die Verarbeitungsanlage doch sauber gemacht werden. Zum Abendessen werden wir mit gegrilltem Tai und Sashimi verwöhnt. Morgen geht dann die Ernte weiter. Die Wolken am Horizont kündigen schon an, dass es bald wieder regnen wird – voraussichtlich Sonntag. Bis dahin ist noch einiges zu tun.


Foto: Haruyo Morimoto im Teegarten 1 – Danke Teesträucher, dass ihr so guten Tee hervorbringt!

Wir danken Haruyo, Shigeru und Yukie, dass sie sich so gut um die Pflanzen kümmern und dann durch die Verarbeitung das Beste aus den Blättern rausholen.


Foto: Haruyo im Teeagrten Nr. 1 – ein bisschen Spaß muss auch sein – wenn nicht gerade geerntet wird

23.04.2014

Sowohl Shigeru und Haruyo, als auch wir beide werden sehr früh wach und Unruhe macht sich breit. Schnell aufstehen und raus aufs Teefeld! Zuerst müssen die schwarzen Netze von den Sträuchern heruntergenomen werden. Das machen normalerweise Katsumi, Taeko und Kinoyo – die drei Helfer, die immer während der ersten Ernte im Familienbetrieb mitarbeiten. Diesmal sind aber Haruyo und wir beide schneller und so gehen wir zwischen die Reihen und binden die Netze ab.


Foto: Shigeru Morimoto auf dem Sprung zwischen Wohnhaus und Teeverarbeitung

Einen Teil des Feldes können wir mit der Erntemaschie nicht erreichen, so schnappen wir uns einen Teesack und ernten diese Teile per Hand. Bis zum frühen Nachmittag sind wir mit Ernten beschäftigt. Zwischendurch kommt Shigeru immer wieder ins Wohnhaus und gemeinsam testen wir den Geschmack des neuen Tees. Nach Sonnenuntergang kommen die beiden Töchter Tae und Yukie dazu um beim Saubermachen der Verarbeitungsanlage zu helfen. Zu viert sind wir einfach zu schnell. Die Wartezeit bis auch das letzte Gramm Tee fertig getrocknet ist verbringen wir wieder alle gemeinsam in der Küche und wir erleben wieder den einmaligen Humor der beiden Töchter. Diesmal lernen wir eine neue japanische Comedy-Figur kennen “CENTERMAN”. Die beiden witzeln, dass wir doch bei den nächsten Verkostungen auch ein ähnliches Kostüm mit grünem M darauf tragen sollten. Mal sehen….

Gegen 0 Uhr sind wir mit allem fertig und sinken müde ins Bett.

22.04.2014

Heute regnet es, sodass wir nicht ernten können. Jetzt verstehen wir auch, weshalb die Morimotos gestern so hektisch waren. Die Yutaka Midori Sträucher sind erntereif und gestern sollte so viel wie möglich noch geerntet werden. Auch in diesem Jahr haben die Morimotos  die Yutaka Midori beschattet. Für den Morimoto Shincha, in dem diese Strauchsorte ein wichtige Bestandteil ist, bedeutet das, dass er wieder wunderschön grün werden wird.

Mittags fahren wir mit den Morimotos zu EN Ramen und essen japanische Nudelsuppe zu Mittag. Die Besitzer und die Morimotos kennen sich sehr gut und mittlerweile sind auch wir dort gut bekannt. In Kawaminami spricht sich schnell rum, dass hier mal wieder die beiden Jungs aus Deutschland sind und bei der Tee-Ernte mithelfen. Am frühen Abend verabschieden wir unsere Gäste und gehe heute auch früh ins Bett, denn morgen soll wieder strahlender Sonnenschein sein und das heißt, die Teeernte geht weiter.

21.04.2014

Einigermaßen entspannt wachen wir gegen acht Uhr vom Geräusch des kleinen Lastwagens der Morimotos auf. Beim Frühstück erfahren wir, dass heute bereits die Shincha-Ernte losgeht. Wir haben volles Programm, denn mittags kommen zwei Besucher aus Großbritannien, die hier einen Tag mit dabei sein möchten. Gleichzeitig müssen wir uns um die Ernte kümmern. Bei der ersten Tour zum Teefeld Nr. 12 klären wir noch schnell den Zeitplan ab. Eine Ladung schaffen wir vor der Ankunft der Gäste. Also strengen wir uns an. Die Blätter in Teegarten 12 der Strauchsorte Yutaka Midori haben dieses Jahr besonders viel Kraft. Das merken wir auch daran, dass gerade einmal die Blätter von zwei Reihen in die Säcke passen. Der Zeitplan passt perfekt: Als wir alle Säcke sicher in den großen, belüfteten Kühl-Behälter der Verarbeitungsanlage gebracht haben, ist es Zeit zum Bahnhof zu fahren. Gemeinsam mit Yukie, die heute tatkräftig mit dabei ist, begrüßen wir unsere Gäste. Zum Gespräch und Spaziergang durch die Teegärten ist jedoch keine Zeit, denn heute soll zumindest ein Drittel des Teegartens Nr. 12 geerntet und verarbeitet werden. Schnell wird klar, dass es ein sehr langer Tag wird. Die letzte Ladung schaffen wir erst gegen 17 Uhr in die Verarbeitungsanlage zu bringen. Unsere Gäste wollen sich nach dem Abendessen nur kurz eine halbe Stunde ausruhen, schlafen aber durch bis zum nächsten Morgen. Die Zeitumstellung haben sie noch nicht ganz verkraftet – so wir wir auch. Gegen 22 Uhr können wir die Dämpfungsmaschine und unsere alt-bekannte Freundin, die Mushi-ba-shori-ki (wörtlich: die Maschine, die nach der Dämpfungsmaschine kommt) sauber machen.

Bis der Tee vom heutigen Tag komplett bis auf Aracha-Niveau getrocknet ist, braucht es noch etwas. Die Zeit zwischen sauber machen und packen ganz am Ende vertreiben wir uns immer mit einigen Späßen.


Foto: Shigeru Morimoto prüft den Feuchtegahlt und die Form der Sencha – Nadeln in der Sencha – Rollmaschine


Foto: Shigeru Morimoto bei der Teeverarbeitung


Foto: Tochter Yukie Morimoto beim Saubermachen


Foto: Haruyo Morimoto bei der Büro-Arbeit

Gegen zwei Uhr nachts ist die Produktion komplett, und wir können den Aracha in die großen Säcke verpacken, in denen er bis zur Endverarbeitung gelagert wird. Endlich ist Zeit für die nächtliche Ruhe.

20.04.2014

Während es unaufhörlich regnet machen wir uns auf den Weg nach Kawaminami zu Familie Morimoto. Am Morgen haben wir bereits am Telefon erfahren, dass vorgestern eine erste Probeernte und Produktion stattgefunden hat, und in den nächsten Tagen mit der Shincha-Ernte begonnen wird. Wir kommen gerade rechtzeitig.
Am Bahnhof von Kawaminami werden wir von Shigeru und Tae Morimoto herzlich empfangen. Im Haus angekommen begrüßt uns auch Haruyo. Sie kümmert sich gerade noch um Kunden, die im kleinen Hofladen sitzen und Tee einkaufen. Gemeinsam essen wir zu Abend. Wir genießen das gute Essen im Hause Morimoto, haben wir uns doch in den letzten Tagen etwas unausgewogen ernährt, und oftmals nur schnell bei einem Kiosk etwas mitgenommen. Es ist schön hier anzukommen, wir fühlen uns zu Hause. Beim Essen fragen sich die Morimotos wie jedes Jahr, ob wir noch schlanker geworden seien. Haruyo erklärt daraufhin, dass sich das hier wieder schnell ändern wird. Hier gibt es genügend körperliche Arbeit und gutes Essen.
Nach dem Abendessen spazieren wir noch ein wenig durch die Teegärten, die um das Haus herum liegen, genießen die frische Luft, und probieren ein paar junge Blatttriebe. Es ist interessant wie unterschiedlich die Strauchsorten aussehen, und auch im unverarbeiteten Zustand ihre geschmacklichen Eigenheiten zeigen. Einige Pflanzen sehen noch ein bisschen ruppig aus, vor allem die neu angepflanzten rotblättrigen Teepflanzen, deren Blätter erst in einigen Jahren geerntet werden können. Der Winter war diesmal außergewöhnlich kalt. Shigeru meint aber, dass es ihnen gut geht, und sie einfach nur etwas später austreiben. Wir ziehen uns schnell ins Haus zurück, um uns am Ofen aufzuwärmen, während es draußen noch regnet. Morgen werden zwei Gäste aus Großbritannien zu Besuch kommen, und übermorgen geht voraussichtlich die Shincha-Ernte los. Wir sammeln unsere Kräfte.

Einige Impressionen:


Foto: Okumidori-Sträucher


Foto: Sunrouge (rotblättrige Neuanpflanzung)


Foto: blühende Okumidori


Foto: Sakimidori kurz vor der Ernte (eine wahnsinnig intensive Farbe auch ohne Beschattung)


Foto: etwa 4 Jahre alte Neuanpflanzung von Minami Sayaka Sträuchern

19.04.2014

Vielleicht hat uns der viele Shochu vom Vorabend doch ganz gut getan, denn zum ersten Mal seit wir in Japan angekommen sind, haben wir wirklich gut geschlafen. Mittags haben wir eine Verabredung: Es gibt einen Teegarten in Kirishima, nicht weit entfernt von Narieda, mit wir überlegen in diesem Jahr eine Zusammenarbeit zu beginnen. Bei einem langen Gespräch über unsere Firmenphilosophie probieren wir verschiedene außergewöhnliche Tees, und unterhalten uns dann über die Strauchsorten des Gartens, von denen einige neu für uns sind, und sehr vielversprechend klingen. Nachdem wir uns das wunderschöne Arial der Teegärten angesehen, und noch die Produktionshalle besichtigt haben, ist ein ganzer Nachmittag vergangen, mit einem sehr fruchtbaren und bereicherndem Austausch.
Hier im Blog halten wir es noch ein bisschen spannend, und zeigen diesmal nur ein paar Bilder. Auf unserem Tee-Event am 06.07.2014 stellen wir dann aber die neuen Tees von diesem Teegarten vor, und dann natürlich auch den Garten selbst. Nur so viel: Es wird voraussichtlich ein Fukamushicha dabei sein, und ein weitere Sencha einer sehr beliebten Strauchsorte, die aber im Bio-Anbau selten zu finden ist, und daher bei uns bisher nicht im Sortiment.


Foto: Neuanpflanzung einer sehr besonderen Strauchsorte

Zwischenzeitlich meldet sich noch Narieda. Die schwarzen und violett-rot-beigen Matchaschalen, als auch die letzten kleinen Yunomi (Teeschalen), von denen Narieda diesmal nur noch sehr wenige hatte, haben wir ja schon am Vortag eingekauft, aber noch nicht mitgenommen. Nun möchte er zu uns ins Hotel kommen, und uns seine Werke vorbeibringen. In der Lobby des Hotels unterhalten wir uns noch ein bisschen, zeigen Narieda den Film, den wir im letzten Jahr auf dem Karakuni-Krater aufgenommen haben. Er ist ganz hingerissen und meint, dass die Bilder genau das ausdrücken, was er mit seinen Werken ausdrücken möchte. Das Video – so merkt er an – sei besser dafür, um seine Haltung und Gefühle zu erklären, als viele Worte.

Am Vortag hatten wir noch Fragen zu seinen Werken gestellt, die er nicht wirklich beantworten wollte. Nun meint er – halb scherzhaft, dass wir doch verstanden hätten, was er ausdrücken möchte, und dass ein Interview gar nicht nötig sei.

18.04.2014

Am Abend regnete es noch stark, und so blicken wir am Morgen aus dem Fenster und sehen nur nebelverhangene Berge – sehr idyllisch. Es erinnert uns ein bisschen an unsere China-Kundenreise im Jahr 2012. Als wir damals in die Teegärten von Enshi fuhren, war es ähnlich nebelig und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Nur die feinen jungen Triebe des Tees leuchten auch heute hervor.


Foto: Berglandschaft in Ureshino

Beim Frühstück besprechen wir mit Toshiyukis Sohn Hitoshi unsere Bestellung für den neuen Tee. Seit einem Jahr ist Hitoshi für den Betrieb verantwortlich. Der 37-Jährige kümmert sich nun vor allem um die Verarbeitung, hat aber auch das Sagen, wenn es darum geht wie viel Tee wir kaufen können. Nach dem Frühstück gehen wir noch ein bisschen auf Spurensuche nach den Ursprüngen des Ureshino-Tees und bestaunen einen über 300 Jahre alten Teebusch.


Foto: 300 Jahre alter Teestrauch in Ureshino

Auch ein Fußbad in den heißen Quellen von Ureshino darf natürlich nicht fehlen. Bei unserer Kundenreise 2010 waren wir schon einmal an dieser heißen Quelle und haben uns aufgewärmt.


Foto: Toshiyuki Soejima und wir in einer heißen Quelle in Ureshino

So schwelgen wir in Erinnerungen und machen uns danach auf den Weg weiter nach Süden. Heute Abend haben wir einen Termin bei Narieda Shinichiro. Geplant ist ein gemeinsames Abendessen mit einigen Freunden aus der Gegend.

Als wir am Haus von Narieda ankommen, sind schon einige seine Freunde dort, und auch seine Frau begrüßt uns herzlich. Sie vertröstet uns, da Narieda noch unter der Dusche steht. Wir nutzen die Zeit, um uns ein bisschen umzuschauen, und entdecken schon einige schöne Keramiken, die wir unbedingt mitnehmen möchten. Wie jedes Mal müssen wir genau planen, denn alles was uns gefällt, können wir leider nicht mitnehmen. Wir zählen nochmal, wie viel Geld wir noch dabei haben, und entscheiden uns dann für einige Matchaschalen und kleine Teeschalen. Nach kurzer Zeit kommt dann Narieda und begrüßt uns aufs herzlichste. Gemeinsam gehen wir in seine Werkstatt, in der schon ein Tisch mit verschiedenstem japanischen Essen aufgebaut ist. Als alle Freunde eingetroffen sind, hält Narieda erst einmal eine kleine Rede, und stellt alle einander vor. Kanpai!


Foto: gemeinsames Abendessen bei Narieda Shinichiro

Der Abend endet wie im letzten Jahr in der nahegelegenen Bar Aoi – dem einzigen Ort, in dem am Abend im einsamen Bergdorf noch ein paar Leute unterwegs sind. Unseren Einkauf können wir leider noch nicht mitnehmen, da alles noch sicher verpackt werden muss, und so verabreden wir uns für den nächsten Tag.

17.04.2014

Von strahlendem Sonnenschein und sanftem Meeresrauschen werden wir heute geweckt. Der Ausblick aus unserem Hotelzimmer erinnert an Werbeaufnahmen aus dem Reisebüro – einfach unglaublich.


Foto: Blick aus unserem Hotelzimmer auf die Bucht vor Karatsu

Wer von Euch schon den Blog vom letzten Jahr kennt, ahnt schon wo wir heute hin fahren: Es geht zu Familie Soejima, deren Teegarten ebenfalls in der Präfektur Saga liegt.
Am Bahnhof werden wir von Toshiyuki Soejima und unserer Assistentin Yoko schon erwartet. Yoko ist schon einen Tag vor uns zu Familie Soejima gefahren um die Familie besser kennenzulernen. Durch einen Zufall haben die beiden sich vor einiger Zeit in Tokyo getroffen, als Herr Soejima seinen Tee dort bei einem Event präsentierte. Nach einer halben Stunde Autofahrt erreichen wir das Haus der Soejimas. Aus der Verarbeitungshalle dringt Dampf und der Duft von frisch gedämpftem Tee. Am Morgen haben Yoko und Toshiyuki zusammen etwas Tee für die Testverarbeitung geerntet. Zwei Reihen Maki-no-hara werden nur für die Testproduktion angebaut. Diese Strauchvariante ist die früheste und der Tee, der heute entsteht, wird auch nicht verkauft. Er dient nur dazu die Verarbeitungsanlage nach der Winterpause wieder anlaufen zu lassen. Der fertige Tee wird nur von der Familie verwendet.
Der heute 65-jährige Toshiyuki hat vor gut 40 Jahren mit der Teeproduktion angefangen. Seine Eltern hatten damals noch einen gemischten Betrieb, der hauptsächlich Reis anbaute. Tee wurde nur nebenbei für den Eigenbedarf hergestellt. Toshiyuki fragt warum wir bei ihm noch einmal die Verarbeitung anschauen wollen, wo wir doch so viel Zeit bei der Teeproduktion bei den Morimotos verbracht haben. Schnell kommentiert er aber selbst, dass jeder Teegarten seinen ganz eigenen Verarbeitungsstil hat – und das selbst wenn man nur Vergleiche auf Kyushu zieht.


Foto: Toshiyuki Soejima und Dietmar Segl

Früher stellte die Familie nur Kamairicha her. Erst vor etwa 35 Jahren begann hier die Herstellung von gedämpften Tamaryokucha. Toshiyuki hat hierfür die Produktionsanlage vom ersten Schritt an aufgebaut. Auf die Frage hin, wie er es schafft jedes Jahr so gleichbleibend hohe Qualitäten zu produzieren entgegnet er überraschend. Seiner Meinung nach kann man sich nicht allein auf sein Gefühl verlassen. Er lässt eine Probe der Teeblätter vor der Produktion hinsichtlich des Feuchtegehalts analysieren um so die Einstellungen der Maschinen bei der Verarbeitung optimal vornehmen zu können.


Foto: Testproduktion bei Familie Soejima

Draußen im Teegarten erfahren wir, warum man es trotz Ernten mit einer Erntemaschine schaffen kann, nur die feinen neuen Triebe zu ernten. Beim Herunterschnitt im Januar oder Februar notiert Herr Soejima in einem Heft auf den Millimeter genau auf welche Höhe er die Büsche herunter geschnitten hat. Für die Shincha-Ernte stellt er die Erntemaschine dann extra 1cm höher ein, um ganz sicher zu gehen, keine alten Blätter mit zu ernten. Die Schnitthöhe kann man bei seiner Maschine mm-genau einstellen. Zuvor hat uns niemand genau erklärt woher die Information über die Schnitthöhe kommt, aber wenn ich noch einmal genau nachdenke, erinnere ich mich auch an ein solches Heft bei den Morimotos, nur haben sie uns nicht erklärt was dort notiert wird.


Foto: Toshiyuki Soejima auf der Erntemaschine

Nun wird uns auch klar, warum Herr Soejima um seine Gärten herum kleine Zäune gegen die Wildschweine aufgebaut hat. Wenn Wildschweine zwischen den Teebusch-Reihen wühlen, stimmt die Höhen-Einstellung an diesen Stellen nicht mehr und es wird unter Umständen zu viel abgeschnitten. Großen Wert legt Familie Soejima auf die organische Düngung und Toshiyuki vergleicht die Erde in der Teepflanzen wachsen mit der Nahrung, die wir Menschen aufnehmen. Genauso wie man Menschen mit der Zeit an der Haut, Haaren und Knochen ansieht wie sie sich ernähren, so sieht man auch den Pflanzen an ihren Blättern und Ästen an, auf welchem Boden sie wachsen und wie sie gedüngt wurden. Auf einer Parzelle ganz oben in den Bergen, auf etwa 500m Höhe wachsen die Sträucher für seinen Tamaryokucha Gyokusui (Gold), die inzwischen schon 38 Jahre alt sind. Für Pflanzen, die aus Stecklingen gezogen wurden, ist das ein beträchtliches Alter.


Foto: beschattete Teebüsche im Teegarten von Familie Soejima

Vor 10 Jahren begann Toshiyuki Soejima den Tee seiner Familie direkt zu verkaufen um dem immensen Preisdruck der Großhändler zu entgehen. Seine Familie war zu dem Zeitpunkt hoch verschuldet und durch die extrem niedrigen Preise, die über den Großhandel oder die Teebörse erzielt werden konnten, war nicht abzusehen, wann und ob die Schulden jemals zurückgezahlt werden können. Sein Tee war zwar immer sehr gefragt, und der Preis richtet sich auch nach der Qualität, aber auf einem ganz anderen Niveau. Die wirklich großen Margen haben dann doch nur die Weiterverarbeiter, Großhändler und Exporteure, die ihre Tees von verschiedenen Gärten einkaufen und dann nach ihrem Geschmack zusammenmischen. Toshiyuki erzählt uns, dass viele Teefarmer extrem hart arbeiten, in der Erntesaison bis in die Nacht hinein und trotzdem nicht genügend Geld zum Leben haben. Der Druck ist groß. Entweder muss man seinen Teegarten vergrößern, um ausreichend große Mengen produzieren zu können, die dann über den Großhandel oder die Börse laufen, oder eben auf den Direktverkauf wirklich hochwertiger Tees setzen. Was ihn bei der Entscheidung sehr bestärkt hat, ist, dass er miterlebt hat, wie sein Großvater im Alter von gerade einmal 53 Jahren gestorben ist – an Überarbeitung und schlechter Ernährung. Die Familie bereut den Schritt nicht, denn der Direktverkauf läuft sehr gut und während unserem Abendessen rufen alle paar Minuten Kunden an, die schon den neuen Tee vorbestellen – von 2013 ist gar nichts mehr da.
Wir fühlen uns geehrt, als Toshiyuki noch einmal betont, dass er die Zusammenarbeit mit MARIMO sehr schätzt, vermitteln wir doch genau das, was auch er in Japan seinen Kunden vermitteln möchte. Schließlich sind wir seit mehreren Jahren der einzige Großhändler, mit dem Herr Soejima bereit ist zu arbeiten. Selbstverständlich erhalten wir von Herrn Soejima andere Preise, als die, die er beim Direktverkauf an Privatkunden verlangt, doch setzen wir ihn nicht unter Druck, so wie es beim Verkauf an einen japanischen Großhändler oder an der Tee-Börse der Fall wäre. Dadurch, dass wir sowohl den Export aus Japan, als auch den Import nach Deutschland, und dort den Großhandel selbst machen, überspringen wie mehrere Schritte, und können so einerseits faire Preise an die Teegärten bezahlen, als auch unseren Kunden die Tees zu guten Preisen anbieten.


Foto: Teegarten von Familie Soejima und Wohnhaus mit Verarbeitungshalle

Nach ein-zwei Gläsern Bier am Abend gesteht er uns, dass er damals, als wir zum ersten Mal bei Ihm angefragt haben, ob er seinen Tee nach Deutschland verkaufen würde, dachte, es sei ein Scherz. Es war der erste Anruf, den die Familie jemals aus dem Ausland erhalten hatte. Und warum sollte man sich in Deutschland für japanischen Tee interessieren? Bis heute hält unsere Begeisterung für die beschatteten Tamaryokucha-Sorten von Familie Soejima an, und wir freuen uns auch schon auf die neue Ernte. Um die Vorfreude noch etwas zu schüren – der Tee wird voraussichtlich Mitte Juni in Deutschland sein. Wie gewohnt gibt es die raren Tees natürlich wie immer nur in begrenzter Menge. Warum so spät – es sind doch alles Tees der ersten Ernte? Grund ist der Tamaryokucha Uzuki (Violett). Blätter der sehr spät austreibenden Varietät Okumusashi sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Teesorte. Die Okumusashi-Büsche wachsen bei Herrn Soejima auf Parzellen in etwa 500m Höhe und können erst Ende Mai bis Anfang Juni für die erste Ernte geerntet werden.


Foto: Abendessen bei Familie Soejima

Diesmal übernachten wir im japanischen Zimmer von Familie Soejima vor dem buddhistischen Altar, und sind sehr glücklich früh ins Bett gehen zu können. Die Zeitumstellung haben wir noch nicht ganz verkraftet und wachen nachts immer wieder auf, weshalb wir ganz schön geschafft sind.

16.04.2014

Es ist wieder soweit: Nach 11 Stunden Flug erreichen wir am Morgen des 16.04.2014 den Flughafen von Nagoya. Es geht aber noch weiter. Wir haben uns Karatsu als erstes Ziel ausgesucht um ganz in der Tradition zu bleiben erst einmal Keramik anzuschauen bevor es weiter zu den Teegärten geht. Nachdem wir grob überschlagen haben, dass wir nun auch noch knapp 8 Stunden Zugfahrt vor uns haben, fragen wir uns schon warum wir nach Nagoya geflogen sind und nicht nach Fukuoka, denn Karatsu liegt in der Präfektur Saga auf der Insel Kyushu. Die Gründe erfahrt ihr am Ende des Blogs. Wir sind froh in Shin-Tosu den Shinkansen zu verlassen, und die Hektik und Enge der Ballungsgebiete hinter uns zu lassen. Mit dem Bummelzug fahren wir weiter nach Karatsu – gemeinsam mit unzähligen Schülern, die sich mit uns in den Zug quetschen und immer wieder hört man ein „hello“ gefolgt von einem schüchternen Kichern. In Karatsu stellen wir nur schnell die Koffer im Hotel ab und wollen gleich wieder los um noch etwas Keramik zu sehen.


Foto: Keramik-Ausstellung in Karatsu

Mit dem Taxi sind wir gleich wieder zurück in die Stadt zu einer Keramikaustellung gefahren, die leider gerade kurz davor ist zu schließen. Wir werden aber dennoch eingeladen herein zu kommen, und gehen durch einen schönen Garten in ein auf Stelzen stehendes Holzhaus. Nachdem wir nur einen kurzen Blick auf die Keramiken geworfen haben, um die Mitarbeiter nicht zu lange vom Feierabend abzuhalten, bedanken wir uns und gehen zur Tür. In dem Moment lädt uns eine Mitarbeiterin ein noch über eine Holzbrücke in ein benachbartes Haus zu gehen, in dem vor allem Matchaschalen und Wassergefäße für die Teezeremonie ausgestellt sind. Wir verhalten uns leise und betrachten konzentriert die wunderbaren Keramiken, während am Tisch in der Mitte des Raumes ein Verkaufsgespräch stattfindet. Eigentlich hatten wir uns darauf gefreut vielleicht eine besondere Schale mitzunehmen. Doch als wir sehen, dass die Preise umgerechnet zwischen 5.000 und 20.000 Euro liegen, beschließen wir doch uns nur der Betrachtung vor Ort zu widmen.


Foto: Ausstellung von Matchaschalen der 4. Generation der Töpferfamilie Nakano

Als wir uns auf den Weg machen, um doch noch eine Töpferwertstatt zu finden, entdecken wir eine Ausstellung, die noch geöffnet ist. Wir kommen mit der Dame ins Gespräch, die uns herein gebeten hat, und erfahren, dass die Werke von zwei verschiedenen Töpfern stammen. Einer der beiden ist anwesend. Er ist Keramiker in der 5. Generation der Töpferfamilie Nakano und erhielt den Künstlernamen Geirin. Im Gründungsjahr der Meiji-Zeit (1868–1912) begann die Familie mit der Töpferei, und 2012 wurde die Nachfolge an Geirin übergeben, dessen Vater inzwischen verstorben ist. Das Konzept von Geirin lässt sich gut an seinen Matchaschalen erkennen: Er führt die Tradition der Familie, als auch des Tons, der Formen und Glasuren aus Karatsu weiter, und entwickelt diese Tradition in kleinen Nuancen weiter zu seinem eigenen, neuen Stil. Auf den ersten Blick sind diese Nuancen vielleicht kaum zu erkennen, aber der Charme der Gegenwartskeramik ist doch deutlich zu spüren.


Foto: Matchaschalen von Geirin

Groß ist unsere Freude, als uns, nachdem wir von unserem Blog berichtet und ein paar Fotos aufgenommen haben, zwei Teeschalen geschenkt werden. Natürlich lehnen wir aus Höflichkeit ab, und können kaum glauben wie wir diese wunderbare Geste verdient haben. Letztlich nehmen wir die Schalen dann aber doch an und versprechen sie an jemanden weiter zu geben, der deren Wert zu schätzen weiß. Nach einiger Überlegung haben wir uns dazu entschlossen, eine der beiden Schalen an die Leser des Blogs zu verlosen.

Folgende Frage gilt es zu beantworten: Die Keramiken welchen Landes haben den Stil der Karatsu Keramik besonders beeinflusst – besonders im Hinblick auf die Matchaschalen? Die Antwort könnt ihr per Email an service@marimo.eu senden. Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los.
Antworten können bis 30.April eingereicht werden (service@marimo.eu).